Ostbrandenburger Unternehmen missbilligen
überwiegend die Ausgestaltung der Sanktionen
Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer repräsentativen Befragung der IHK Ostbrandenburg von Ende Juli bis Anfang August 2022. Die verwendete Stichprobe aus knapp 4.000 Mitgliedsunternehmen berücksichtigt daher die Struktur Ostbrandenburgs im Hinblick auf seine Branchen, Regionen und Unternehmensgrößen. Die hohe Umfragebeteiligung hat die große Bedeutung der behandelten Themen für die regionale Wirtschaft verdeutlicht. Die IHK Ostbrandenburg bedankt sich an dieser Stelle noch einmal herzlich bei allen Unternehmen, die ihre Einschätzungen abgegeben haben.
SANKTIONEN GEGENÜBER RUSSLAND: GEWERBLICHE WIRTSCHAFT STARK BETROFFEN
Die Sanktionen der EU gegenüber Russland bringen erhebliche Auswirkungen für die gewerbliche Wirtschaft in Ostbrandenburg mit sich. Mehr als die Hälfte der Unternehmen gibt an, stark oder in existenzbedrohendem Maße von ihnen betroffen
zu sein. Dies beruht zum einen auf den Einschränkungen beim Zahlungsverkehr und im Verkehrssektor sowie dem Importverbot bestimmter Waren.
Zum anderen resultiert die starke Betroffenheit aus indirekten Effekten wie gestiegenen Einkaufs- und Energiepreisen sowie gestörten Lieferketten.
DEUTLICHE KRITIK AN DER GESTALTUNG DER SANKTIONEN
Die große Mehrheit der gewerblichen Wirtschaft in Ostbrandenburg missbilligt die aktuelle Ausgestaltung der Sanktionen. Fast zwei Drittel der Unternehmen halten sie für zu hart oder deutlich zu hart. Diejenigen, die die Sanktionen als deutlich zu hart bewerten, bilden mit knapp 40 Prozent sogar die größte Gruppe bei dieser Fragestellung.
UNTERNEHMEN BEZWEIFELN NUTZEN DER SANKTIONEN
Mit den Sanktionen strebt die EU unter anderem an, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Vier von fünf Unternehmen in Ostbrandenburg betrachten die Sanktionen jedoch als ungeeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Bewertung führt zu einer kritischen bzw. ablehnenden Einschätzung der Sanktionen. Denn die gewerbliche Wirtschaft ist zwar unmittelbar von den vielfältigen Auswirkungen der Sanktionen betroffen. Gleichzeitig fehlt ihr aber ein erfolgversprechender Legitimationsgrund für die Sanktionen. Dadurch fällt es vielen Unternehmen schwer, die derzeitige Ausgestaltung der Sanktionen mitzutragen.
GEWERBLICHE WIRTSCHAFT FORDERT LOCKERUNG DER SANKTIONEN
Angesichts der weitverbreiteten Unzufriedenheit plädiert die gewerbliche Wirtschaft in Ostbrandenburg mehrheitlich für eine Lockerung der Sanktionen.
Knapp zwei Drittel der Unternehmen sprechen sich für ein solches Vorgehen aus. Einige Umfrageteilnehmer betonen in ihren Antworten ausdrücklich die Bedeutung diplomatischer Lösungen und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Sanktionen.
UNTERNEHMEN PLÄDIEREN FÜR ÖLLIEFERUNGEN AUS RUSSLAND
Die EU hat vor einigen Monaten beschlossen, den Import von Erdöl aus Russland zu verbieten. Der Ölimport über Fernleitungen wie die Druschba-Pipeline bleibt allerdings weiterhin möglich. Trotz der hohen regionalen Bedeutung der Raffinerie in Schwedt/Oder hat sich die deutsche Bundesregierung gegen diese Ausnahme entschieden. Die große Mehrheit der gewerblichen Wirtschaft in Ostbrandenburg
hält diese Entscheidung für falsch. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen plädiert für eine Beibehaltung der Öllieferungen.
GEWERBLICHE WIRTSCHAFT UNTERSTÜTZT LAUFZEITVERLÄNGERUNGEN FÜR ATOM- UND KOHLEKRAFTWERKE
Um die Energieversorgung sicherzustellen, werden in Deutschland derzeit Alternativen zu Energieträgern aus Russland diskutiert. Die gewerbliche Wirtschaft in Ostbrandenburg unterstützt dabei mehrheitlich eine Laufzeitverlängerung für die verbliebenen deutschen Kohle- und Atomkraftwerke. Die Zustimmungswerte (die Summe aus auf jeden Fall und eher ja) betragen bei den Kohlekraftwerken
74 Prozent, bei den Atomkraftwerken 80 Prozent. Im Gegensatz dazu lehnt die Mehrheit der Unternehmen höhere Importe von Energieträgern wie Ölsand und Schiefergas oder aus Ländern wie Saudi- Arabien und Katar ab.
GEWERBLICHE WIRTSCHAFT UNTERSTÜTZT AUSBAU DER ERNEUERBAREN ENERGIEN
Aus Sicht der gewerblichen Wirtschaft in Ostbrandenburg gilt es, für einen ausgewogenen Energiemix zu sorgen. Dies zeigt sich neben den Laufzeitverlängerungen in ihrer Zustimmung zu den erneuerbaren Energien. So plädieren die Unternehmen vor allem für einen massiven Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur und der Solaranlagen in Deutschland. Die Zustimmungswerte liegen hier bei 93 Prozent und 86 Prozent. Selbst die Windkraft, deren Ausbau in Ostbrandenburg bereits weit fortgeschritten ist, sollte nach Ansicht von zwei Dritteln intensiver gefördert werden.
Forderungen an die Politik
Sanktionspolitik gegenüber Russland überdenken
Entschädigungen sicherstellen und unbillige Härten auffangen
Diplomatische Bemühungen verstärken
Wechsel der Energieträger unbürokratisch ermöglichen
Schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien ermöglichen
Laufzeit der verbliebenen Atom- und Kohlekraftwerke verlängern